Wenn ich an Zypern denke, fällt mir immer sofort der Konflikt zwischen dem griechischen Südteil und türkischen Nordteil ein. Ein trauriges Beispiel für ein geteiltes Land auf einer doch eigentlich recht kleinen Insel. Wie dem auch sei, heute geht es hier eher um die schönen Seiten Zyperns, denn die Zyprioten pflegen eine legendäre Gastfreundschaft. Dafür gibt es sogar ein eigenes Wort, dass man gar nicht richtig übersetzen kann, wörtlich heißt es wohl etwas wie „Liebe deinen Gast“: Filoxenia.
Das Buch wurde verfasst von Marianne Salentin-Träger, die Rezepte stammen von Franz Keller und auch die zypriotische Kulinarik Expertin Marilena Joannides wirkten an diesem ersten deutschen Kochbuch über die Küche Zyperns mit. Darüber hinaus waren aber noch 5 weitere Menschen an der Entstehung des Buches direkt beteiligt. Neben Land, Leuten und Rezepten bekommt der Wein besonderen Raum und so entsteht hier ein recht umfangreicher Blick auf Zypern, der weit über eine reine Rezeptesammlung hinausgeht.
Was ich tatsächlich bei diesem Buch falsch eingeschätzt hatte, ist die Gewichtung der einzelnen Bereiche. Zwar stand in der Buchbeschreibung, dass es sich um ein Reise- und Kochbuch handelt, aber ehrlich gesagt hatte ich trotzdem in erster Linie ein Kochbuch erwartet mit einigen wenigen Ausflügen in die Landschaft oder zu den Zyprioten. Umso überraschter war ich also, als ich feststellte, dass die Reise und Vorstellung einzelner Orte oder Persönlichkeiten aus Zypern einen sehr großen Teil des Buches einnimmt. Wer mit dem Gedanken spielt, bald nach Zypern zu reisen oder gerade von dort kommt, der blättert mit Sicherheit gern durch dieses Buch. Ich selbst war zwar noch nie auf dieser Insel, aber als ich durch das Buch blätterte, hatte ich direkt ein Gefühl, dass ich mit in das Leben eintauchen konnte. Die Bilder, die Texte und natürlich auch die Rezepte nehmen einen mit und das schafft lange nicht jedes Buch.
Die Rezepte selbst sind vielfältig und gut beschrieben. Zu jedem gibt es ein Bild auf dem das Gericht schön und passend in Szene gesetzt wurde. Die Bilder fügen sich dabei perfekt in das Gesamtbild des Buches und in die Landschafts- und Portraitaufnahmen ein, was auch daran liegen mag, dass viele Rezepte direkt vor Ort umgesetzt wurden und noch in Zypern fotografiert wurden. Ein Register ist vorhanden und tatsächlich hilfreich: Hier kann man Nachschauen, ob es ein Rezept für Bananen gibt und wird sofort den Keik Bananas finden. Sehr schön!
Was mir nicht ganz so gut gefällt, ist die sehr künstlerische Schrift der Überschriften: Sie ist sehr dünn und sehr verschlungen, sodass ich wirklich Probleme habe, sie genau zu lesen und da diese Überschriften oft den Originalnamen abdrucken, kann man auch schlecht raten. Darunter gedruckt ist eine deutsche Übersetzung (sofern es vorher der Originalname war), die man wiederum sehr gut lesen kann.
Wie immer bei landesspezifischen Büchern die Frage nach den speziellen Zutaten: In diesem Buch werden einige verwendet, die man sicherlich nicht in jedem Supermarkt in Deutschland findet. Mastix, Anari und Paximadi sind nur ein paar davon. Gleichzeitig kommen aber auch sehr viele Rezepte ohne diese Zutaten aus und es bleibt auch für den durchschnittlich sortierten Supermarkt genug Zutaten übrig, die bedient werden können. Schön wäre hier ein Glossar gewesen, der einige Zutaten erläutert und eventuelle Alternativen nennt.
Rezepte, die ich bereits ausprobiert habe:
Pasta Flora: Ein Mürbeteig, der in eine Backform kommt, mit Marmelade bestrichen wird und mit etwas Teig verziert wird. Schnell, einfach, lecker. Äußerlich hat sie Ähnlichkeiten mit einer Linzer Torte, geschmacklich aber nicht besonders viel, da keine ´Mandeln in den Teig kommen. Das Rezept gibt es bereits hier auf dem Blog.
Kataifi me anari: Engelshaar, gefüllt mit Anari und getränkt mit Zuckersirup. Da ich diese orientalischen Süßigkeiten sehr liebe, musste ich diese ausprobieren. Original-Anari habe ich nicht bekommen, nach einiger Recherche, ersetzte ich ihn durch Ziegenfrischkäse. Sehr lecker. Wer getränkte Süßigkeiten mag, wird dieses Gebäck lieben!
Keik bananas: Ein Bananenkuchen, bei dem die Banane nicht in den Teig kommt. Stattdessen kommt ein einfacher Rührteig in die Backform, darauf einige Bananenscheiben, darauf wieder Teig. Sehr lecker und mal ein bisschen anders, außerdem schnell gemacht und auch gut geeignet für Kinder.
Ntomates me avga: Hier gibt es nicht Rührei mit einigen Tomatenstücken, sondern die Mengenverteilung ist eher anders herum. Zusätzlich gibt es auch noch Halloumi. Sehr lecker, schmeckt fein zu frischem Brot, ist leider aber überhaupt nicht ansehnlich, deswegen gibt es hiervon auch kein Bild.
Mein Fazit: Auf mich wirkt das Buch sehr rund und irgendwie angenehm einladend. Man spürt die zypriotische Gastfreundschaft auf den Seiten und möchte am Liebsten direkt mit in das Leben in Nikosia eintauchen und in einem kleinen Straßencafé einen Mokka trinken und dazu ein schönes Stück Baklava genießen. Wie immer bei Callwey ist das Buch darüber hinaus sehr hochwertig verarbeitet und ist dadurch auch ein tolles Geschenk für Zypern-Liebhaber.
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Das Buch „Verführerisches Zypern“ von Marianne Santin-Träger umfasst rund 330 Seiten, kostet 39.95 Euro und ist im Callwey Verlag erschienen.
Vielen Dank für die Bereitstellung als Rezensionsexemplar.
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Ich mag es immer gerne, wenn Kochbücher noch ein anderes Thema haben, und in diesem Fall Land und Leute, erscheint mir sehr passend . Für mich sind Kochbücher vor allem Bilderbücher, d.h. gute Fotos sind wichtig. Die Rezepte lese ich meist nur kurz und improvisiere später. Das Titelbild hat mich jedenfalls gleich in den sonnigen Süden gebeamt. Danke Becky für Deine ausführliche Rezension.
Liebe Grüße Marlies
Vielen Dank, ich freue mich sehr, dass dir meine Rezension gefallen hat!
So wie du das beschreibst, scheint dieses Buch wirklich perfekt zu dir zu passen. Im Laufe der Woche kommt noch eines aus Marokko, das ist sehr ähnlich und sogar noch etwas persönlicher.
Liebe Grüße, Becky
Danke Becky